ausgezeichnet mit dem Bundespreis des Europäischen Wettbewerbs.

 

gefördert durch

 

Son of Selfie

 

René Magrittes Malerei verdeutlicht dem Betrachter die Epochenwende am Anfang des 20. Jahrhunderts.


Die Malerei kehrt sich langsam ab vom Darstellen des Realen. Um Avantgarde zu sein, musste man in das Surreale fliehen. Eine Sphäre jenseits des Sichtbaren, die sich nicht mehr den Regeln des Realen unterwerfen muss.


Der "Sohn des Menschen" zwingt den Betrachter sich mit der Differenz zwischen dem Sichtbaren und Verborgenen zu beschäftigen. Das versteckte Gesicht lässt sich nur erahnen und ist doch gleichzeitig in seinem wirklichen Wesen nicht ergründbar.


Magritte scheint damals schon erahnt zu haben, was den Menschen unserer Gegenwart umtreiben wird. Getrieben vom Zwang zur Individualisierung und dem Herausheben des Besondern ist er zur ständigen Inszenierung seiner selbst verurteilt. Im Wettbewerb mit seinen Freunden und Followern gilt es in "sozialen" Netzwerken das alltägliche zum Extravaganten zu erheben um damit eben nicht nur als 0-8-15 zu gelten.


An dieser Stelle setzt mein Werk an. Weniger Spiegel, als vielmehr Appell, versteckt sich der "Selfiekünstler" hinter dem Ursprung seiner Zwänge. Statt sich ohne Hemmungen für jeden einsichtig zu präsentieren, hat er den Mut einen Teil seiner Selbst zu verheimlichen - gleich Magritte, der eben in seinem Selbstportrait die Flucht hinter den Apfel antritt. Der Moderne Mensch muss (und kann?) sicherlich nicht hinter alle Entwicklungen zurücktreten und die Inszenierung des Ich aufgeben, aber er kann zumindest den Mut aufbringen, eben nur einen Teil seiner Selbst zu präsentieren, während er den Rest für sich als Geheimnis verwahrt und damit dem Kampf zur Einmaligkeit und Besonderheit entkommt.


Denn unter 7 Milliarden Menschen singulär sein zu wollen scheint auch wirklich ein aberwitziges Vorhaben.

Son Of Man, René Magritte, 1964

im Auftrag des Europäischen Wettbewerbs.